Ein Jahr nach der Krebsdiagnose

Ihr Lieben,

ein Jahr nach der Krebsdiagnose ist vergangen. Der Kalender verkündete den 9. April 2014. Die Tage, an denen sich die Ereignisse im April des Vorjahres überschlagen hatten, reihten sich aneinander. Ich erinnerte mich zurück an diese schreckliche Zeit, die mein Leben, meine Gefühle und Gedanken so einschneidend verändert hat. Heute nun vor genau einem Jahr bekam ich meine erste Chemotherapie. Damit verbunden ein Wort, das sich so in mein Gedächtnis eingebrannt hat, wie kaum ein anderes: BEACOPP eskaliert.

Seit meinem letzten Eintrag zum Ende der Therapie im November 2013 ist einiges geschehen und ich möchte Euch sehr gern nachträglich an diesen Ereignissen teilhaben lassen:

Es war ein sehr gutes Gefühl, das Ende der Therapie erreicht zu haben. Ich genoss die Tage, versuchte die Seele baumeln zu lassen und meinem Körper, der so viel mitgemacht hatte, Gutes zu tun. Am ersten Dezember folgte dann die schönste Geburtstagsfeier, die man sich vorstellen kann und die mir Dank Euch, meine Liebsten, immer in Erinnerung bleiben wird. Beim Gedanken daran bin ich noch immer überwältigt und bekomme Gänsehaut 😳

Am 18. Dezember begannen dann die Abschlussuntersuchungen. Die Bilder der Computertomographie zeigten, dass keine neuen Lymphknotenvergrößerungen aufgetreten waren. Welch eine Erleichterung uns erfasste, ist mit Worten nicht zu beschreiben! Allerdings gab es auch wieder weniger gute Nachrichten: Es zeigte sich ein Perikarderguss, das heißt eine Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel und es waren Infiltrate in der Lunge sichtbar, die auf eine Lungenentzündung hindeuteten. Ich brauchte einige Zeit, um diese neuen Diagnosen zu verkraften.

Die Vorstellung beim Lungenfacharzt ergab die Diagnose Strahlenpneumonitis – eine durch die Bestrahlung induzierte Lungenentzündung, die im schlimmsten Fall sehr schwerwiegende Folgen mit sich bringen kann. Es war wirklich wie verhext, dass ich so ziemlich alles Seltene, was es an Krankheitsbildern im Zusammenhang mit der Hodgkinbehandlung zu haben gibt, „mitnahm“. Nichts desto Trotz – Hauptsache, der Hodgkin war bislang nicht zurückgekommen! 🙂 Die Weihnachtszeit habe ich sehr genossen. Marco und ich haben uns zum ersten Mal wirklich Zeit für uns genommen und es war herrlich.

Die Tage vergingen wie im Fluge. Nach wie vor waren Arztbesuche und vor allem Physio- sowie Ergotherapiesitzungen wegen meiner linken Hand auf der Tagesordnung. Die Geschichte zu meiner Hand ist jedoch Stoff für ein gesondertes Kapitel. 🙄

Am dritten März diesen Jahres sollte dann bereits meine erste Nachuntersuchung stattfinden. Aber schon Anfang Februar beschlichen mich langsam wieder stärkere Angstgefühle, die mich nach ein paar Tagen vollständig eingenommen hatten. Das ist wohl auch völlig normal. Spätestens, wenn die Nachuntersuchung näher rückt, kommt auch die Angst mit voller Wucht zurück. Die Psyche spielt verrückt: Plötzlich juckt es an den Beinen und Füßen; die Gedanken kreisen um alle möglichen schweren Erkrankungen und irgendwie findet man immer ein vermeintliches Symptom für irgendetwas. Schnell wurde klar – bis Anfang März würde ich nicht durchhalten, ohne vor Angst panisch zu werden. Kurzerhand verlegte ich den Nachsorgetermin eine Woche vor.

Am 26. Februar standen Computertomographie und Ultraschall auf dem Plan. Die Gefühle, die einen vor und während dieser Untersuchungen begleiten, sind der absolute Horror. Für mich fühlt es sich so an, als würde ich – eingeschlossen in einen Raumanzug und völlig bewegungsunfähig – durch ein schwarzes Loch gepresst werden, das mich im besten Fall von einem Raumschiff zum anderen Lichtjahre durch eine Galaxie bringt. Im worst case hält es einen für immer gefangen. Man fühlt sich völlig isoliert von der Außenwelt, voller Angst. Therapeuten bringen einem zwar bei, Ängste zu kontrollieren; das funktioniert auch  gut. Aber in diesen Momenten lässt sich die Angst nicht bändigen.

Der Ultraschall zeigte nichts Auffälliges; die Ärztin machte es allerdings sehr spannend und die Prozedur dauerte ungewohnt lange. Dann kam das schlimmste: Die Computertomographie. Die Minuten nach der Untersuchung übertreffen alles. Als ich endlich den kleinen, handbeschriebenen Zettel des Arztes in den Händen hielt folgte unsagbare Erleichterung. Es war alles in Ordnung. Die Anspannung fiel ab, Tränen bahnten sich ihren Weg. Die Reise durchs schwarze Loch war einmal mehr geschafft; das Leben im Raumschiff hatte mich wieder. Glück, Glück, Glück.

Fast den gesamten April – für mich der schlimmste Monat überhaupt – verbrachte ich in Ahlbeck auf Usedom anlässlich der medizinischen Rehabiliation. Die Therapien haben mir gut getan. Die sportliche Betätigung war allerdings sehr anstrengend und man merkt, wie schnell man auf Grund der diversen körperlichen Beschwerden an seine Grenzen stößt. Man muss viel Geduld haben und Körper wie Seele Zeit zur Regeneration geben.

Marco und ich sind sehr glücklich miteinander. Wir sind unendlich dankbar für die Zeit, die wir miteinander verbringen dürfen und genießen jeden Augenblick.

♥ Fühlt Euch ganz lieb gedrückt und geknuddelt ♥

Eure Simi

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